Traurig aber wahr: Die Übung «Leistungserfassung Pflege» ist missglückt, die Geschäftsleitung misstraut den Daten und kürzt Personalbudget. Und: Die Bezugspflege muss der Gruppenpflege weichen; nur im Team ist die Pflege mit den vorhandenen Budgets effektiv und effizient möglich.
14. Netzwerktreffen «Skill- und Grade-Mix»
Am 23. Mai 2013 fand in Aarau das 14. Netzwerktreffen mit dem Thema «Personaleinsatz planen und berechnen» statt.
Christoph Cassidy, Direktor Pflege der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPKBS), berichtete über seine Erfahrungen rund um das Thema Personaleinsatzplanung im psychiatrischen Pflegebereich.
Meine Erkenntnisse aus dem Referat und dem darauf folgenden Austausch kurz zusammengefasst:
- Die UPKBS orientiert sich zurzeit an der psychiatrischen Personalverordnung aus Deutschland. An zwei bis vier Stichtagen pro Jahr werden alle Patienten in Aufwandskategorien eingeteilt. Anhand dieses Wertes wird der Personalbedarf abgeleitet.
- Die psychiatrische Personalverordnung ist angebotsorientiert und darum ein Auslaufmodell, denn die Fallpauschale (DRG: Diagnosis Related Groups) orientiert sich am vorhandenen Budget.
- Es liegt im Verantwortungsbereich der Pflegeleitung, das Pflegepersonal-Budget intelligent zu investieren.
- Die Patienten interessiert es kaum, welche Ausbildung ein Mitarbeiter im Detail hat. Sie oder er will kompetent betreut werden.
- Die Infrastruktur hat einen massgeblichen Einfluss auf den Personalaufwand (z.B. Wie sind die Gebäude gebaut? Sind die relevanten Abteilungen gut erreichbar?).
- Ein Benchmark muss die gegebene Infrastruktur sowie die Gesamtorganisation angemessen berücksichtigen.
- Der Skill- und Grade-Mix muss weiter ausgedehnt werden. Ärzte und andere Berufsgruppen müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Dies, da zurzeit überall Kosten eingespart werden und die Gefahr besteht, dass man sich gegenseitig Arbeiten abschiebt.
- In Alters- und Pflegeheimen ist der Skill- und Grade-Mix viel weiter fortgeschritten als in Spitälern und Kliniken.
- Die Pflegedienstleitung muss klare Rahmenbedingungen für Fachleute Gesundheit vorgeben, ausgehend von der kleinsten Organisationseinheit. Insbesondere Graubereiche sind zu regeln, wobei Kompetenzen erweitert werden können. Schulungen mit Ausbildungsnachweis sind dafür jedoch unumgänglich.
- Die Akzeptanz des Skill- und Grade-Mixes steigt, wenn eine Abteilung mitentscheiden kann.
- Die Abteilungs- oder Stationsleitung ist Schlüsselperson für den Erfolg rund um den Skill- und Grade-Mix.
- Das «Wir-Gefühl» im Tandem zwischen Pflegefachkraft und Fachperson Gesundheit (FaGe) muss gefördert werden (ev. auch mehrere FaGe und eine Pflegefachkraft).
- Gruppenpflege wird die Bezugspflege ersetzen (Stichwort «Primary Nursing»)
- Für die Personalplanung ist nach wie vor die Drehscheibenfunktion schwer zu erfassen (sogenannter C-Wert).
- Das Management muss den Qualitätsstandard festlegen. Was nicht geht, ist beste Qualität zum kleinsten Preis. Nur so können die Abteilungsleitungen passende Personalentscheide fällen.
- Ein möglicher Weg für die Zukunft scheint eine gleichberechtigte Co-Leitung zwischen einem leitenden Arzt und einer Pflegeleitung pro Klinik (Profitcenter). Beide sind für alle Bereiche der Klinik verantwortlich, müssen gemeinsam entscheiden und an die Geschäftsleitung berichten. Dieses Modell wird bereits erfolgreich im Spital Zollikerberg praktiziert.
- Die «Leistungserfassung Pflege» (LEP) scheint gescheitert. Ursprünglich war die Hoffnung, dass der Personalbestand anhand des LEP’s abgeleitet würde. Faktisch vertraut kaum ein Betrieb den Zahlen und kürzt die Budgets trotzdem; entsprechend können die Pflegenden von diesem massiven Mehraufwand befreien werden.
- Noch immer braucht es Veränderungen in den Pflege- und Ärzteausbildungen. Zu häufig müssen sich Lernende in Schul-Praxisbeispielen nur mit einem Patienten kümmern. Der ganzheitliche Blick fehlt: Wie würde eine Lernende zwischen sechs bis acht Patienten priorisieren? Was, wenn die Patientenklingel läutet und sie etwas Wichtiges tut? Wie delegieren?
- Die Führungsspanne in der Pflege ist viel zu hoch. Die Wissenschaft empfiehlt sieben Mitarbeiter zu führen, plus oder minus zwei; in der Pflege sind es häufig über 30 Angestellte und Lernende.
Es ist Zeit die letzten Jahre zu hinterfragen: Tun wir das Richtige und unterstützt es uns bei der Arbeit? Was ist für den Patienten relevant? Kann die Bezugspflege überleben? Ist der hohe Zeitaufwand für das LEP gerechtfertigt?
Danke für die Organisation
Der Kerngruppe des Netzwerktreffens, unter der Leitung von Monika Schäfer, danke ich herzlich für die Organisation. Auch gilt der Dank dem Redner sowie den Teilnehmenden.
Weitere Informationen zu Netzwerktreffen finden Sie hier.
Bei Fragen zur optimalen Organisation in der Pflege stehen wir Ihnen gerne beratend zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns.