Change Management: Auftauen, bewegen, einfrieren

Stehenbleiben ist der Tod für jedes Unternehmen. Doch wie entdecke ich Verbesserungspotenzial? Wichtigste Quelle für Optimierungen sind die eigenen Mitarbeiter. Nutzen Sie auch kleine Veränderungen als Übung für den Grossbrand. Lernen Sie frühzeitig schwierige Gespräche zu führen und bemühen Sie sich, Ihre Schlüsselpersonen im Betrieb persönlich zu kennen. Denn diese Schlüsselpersonen werden andere Betroffene begeistern können und für die Geschäftsleitung den Puls spüren.

Unternehmen müssen sich weiterentwickeln, sonst haben Sie in Zukunft keinen Erfolg. Es gibt unterschiedliche Auslöser, sich bewegen zu müssen. Optimalerweise erkennen die eigenen Mitarbeitenden die Notwendigkeit eines Wandels frühzeitig selbst (interner Auslöser). Besonders gefährlich sind externe Veränderungen im eigenen Marktumfeld, welche von den eigenen Spezialisten nicht erkannt werden (externe Auslöser). 

Je früher notwendige Veränderungen und Potenziale erkennt werden, desto kostengünstiger und einfacher ist deren Umsetzung. Zudem stehen beim frühzeitigen Handeln oftmals deutlich mehr Entwicklungsvarianten zur Verfügung. Steht der Wandel bereits vor der Tür, ist es häufig zu spät oder um ein Vielfaches teurer. Erkennt ein Unternehmen eine Veränderung frühzeitig selbst, kann es mitbestimmen, wo sich der Wandel durchschlängelt. Ist es zu spät, können Sie bestenfalls mitschwimmen oder gehen unter.

Eine Frage der Kultur

Es ist eine Frage der Unternehmenskultur, ob Mitarbeitende ihre Chefs auf Herausforderungen, Hürden und deren Konkurrenzverhalten hinweisen. Bereits vor einem Sturm muss darum das gegenseitige Vertrauen aufgebaut und gepflegt werden.

Zurück zum Change Management. Die Warnsignale, egal von welcher Quelle, schlagen Alarm. Sie behalten die Ruhe, analysieren sorgfältig und rasch das Geschehen. Anhand von unterschiedlichen Szenarien simulieren sie den möglichen Verlauf und wägen die gegenüberliegenden Chancen und Risiken ab. Sie fällen eine Entscheidung für Ihren Wandel ins Positive (Turnaround), spucken in die Hände und packen kräftig mit an.

Stop! Es geht hier nicht nur um den grossen Wandel. Wenn Sie in Ihrer Jugend eine Party organisiert haben, starteten Sie bestimmt auch nicht im Hallenstadion in Zürich. Zwar gross Denken, aber klein beginnen. Darum: Erkennen Sie auch kleine Möglichkeiten, um eine Veränderung herbeizuführen und nutzen Sie diese als Übung für Grossereignisse.

Auftauen, bewegen und wieder einfrieren

Wissenschaftlich durchläuft ein Wandel drei Phasen. Zu Beginn wird das Bestehende aufgetaut (unfreezing), um es anschliessend zu bewegen (move). Abgeschlossen wir die Veränderung mit dem Einfrieren (refreezing) der neuen und gewünschten Situation. Soweit die Theorie.

Auftauen (unfreezing) erinnert spontan an Eingefrorenes auflösen. Beim Change Management geht es beispielsweise darum, einen gewohnten Prozess zu verändern. Muss sich ein technisches Gerät anpassen, kann dies umprogrammiert werden. Das ist kein Problem. Bei Menschen ist das anders. Personen lieben Gewohntes und geben dies nur ungern auf. Steuern Sie gegen, indem Sie die Mitarbeitenden bei der Veränderung mitwirken lassen. Das umfasst einfache Gespräche bis hin zur Verantwortungsübergabe eines Wandels.

Sind Ziele bestimmt, gilt es, diese umzusetzen. Man bewegt (move) sich also. Auch wenn die Mitarbeitenden in der ersten Phase mitarbeiten, erkennen viele erst bei der Umsetzung, was sich wirklich verändert. Mitarbeitende sind schockiert und lehnen das Vorhaben ab. Durch Überzeugungsarbeit und schnelle Erfolge, so genannte «quick wins», kann deren Einsicht und Akzeptanz schrittweise erarbeitet werden. Nach einer Veränderung muss die Zielerreichung kontinuierlich überprüft und analysiert werden. Ein Kreislauf aus messen, analysieren, lernen und korrigieren wird fest im Wandlungsprozess integriert. Kommunizieren Sie auch die kleinen Erfolge und nutzen Sie die «quick wins», um auch die unsicheren Mitarbeitenden noch restlos vom Vorhaben zu überzeugen.

Ist das gewünschte Ergebnis erreicht, wird das Resultat des Wandels eingefroren (refreezing) und zur neuen Kultur erklärt. Wenn nicht bereits sollte der Verbesserungskreislauf weiterhin beibehalten werden. Der hilft, im gleichen Schritt die Qualität stetig zu verbessern.

Widerstände klassifizieren und überwinden

Ist ein strategischer Wandel in Form einer Kurskorrektur notwendig, muss mit grösserem Widerstand der Involvierten gerechnet werden. Typische Arten sind rationaler, politischer und emotionaler Natur. Selbstverständlich können sich die drei Arten überscheiden.

Wird sachlich argumentiert und begründet, geht es um die rationale Art des Widerstandes. Diese Form ist für Unternehmen am einfachsten zu handhaben. Anhand vom hergeleiteten Entscheidungsprozess und der dazugehörigen Aufklärung können Sie die sachlichen Gegenargumente entkräften oder nötigenfalls noch nachträglich einfliessen lassen. Sie entkräften damit die Befürchtungen sachlich und dürfen den Mitarbeiter im Team der Veränderer begrüssen.

Droht einem Mitarbeitenden einen Statusverlust, beispielsweise indem Kaderstellen abgeschafft oder zusammengelegt werden, handelt es sich um politischen Widerstand. Ein weiteres Beispiel ist die Ablösung eines Mitarbeiters durch eine Maschine. Politische Eigeninteressen werden selten auf direktem Weg mitgeteilt. Die Mitarbeitenden scheuen sich vor Vorwürfen wie Macht-Geilheit oder mangelndes Interesse der Gesamtfirma. Politische Machtspiele im Hintergrund dürfen nicht unterschätzt werden. Präventiv kann dafür eine externe Vertrauensperson als Vermittler eingesetzt werden. Zudem sollte bereits bei der Planung mögliche Veränderungen von Funktionen und Stellen berücksichtig und mit mindestens Lösungsansätzen kommuniziert werden. Ist ein «Widerständler» bekannt, ist ein persönliches Gespräch unerlässlich. Darin kann er die eigenen Sorgen sachlich darlegen und zur konstruktiven Mitarbeit motiviert werden. Bleibt er oder sie stur und kooperiert nicht, ist ein rascher Personalentscheid zwingend notwendig (Versetzung, Entlassung).

Emotionaler Widerstand ist nicht anhand von sachlichen Argumenten begründbar. Er basiert auf Angst und Befürchtungen. Häufig können die Auswirkungen des Wandels nicht richtig eingeordnet werden. Ein persönliches Gespräch ist auch hier wichtig. Die Thematisierung kann bereits Wunder bewirken. Individuelle Erklärungen für den Mitarbeitenden helfen oft, das Vertrauen zu gewinnen. Gerade persönliche Worte an einen Mitarbeitenden über den Sinn eines Projektes werden gerne in der Kaffeepause, mit Arbeitskollegen geteilt. Das wiederum trägt ebenfalls zu einem positiven Change-Verlauf bei.

Allgemein sind die Ursachen für Widerstand vielfältig. Von Prestigeverlust über fehlendes Problemverständnis bis hinzu mangelhaftem Vertrauen in die Geschäftsleitung. Häuft sich eine Ursache, muss diese kritisch begutachtet werden. Gemeinsam mit involvierten Mitarbeitenden müssen dafür vorbeugende Massnahmen entwickelt und kommuniziert werden. Nur so kann die notwendige Glaubwürdigkeit hergestellt respektive verbessert werden.

Bombenwurfstrategie

Wenn es nicht notwendig ist, verzichten Sie auf die Bombenwurfstrategie. Hierbei entscheidet der Verwaltungsrat oder die Geschäftsleitung wie etwas künftig realisiert wird. Häufig hat dieser Entscheid Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Einziger Vorteil dessen ist, dass die Findungsphase entfällt und gleich umgesetzt werden kann. Auch in finanzieller Not ist diese Variante nur notfalls zu empfehlen, da mit viel Widerstand des Personals gerechnet werden muss.

Sofern genügend Zeit zur Verfügung steht, sollte ein Wandel gemeinsam mit den beteiligten Mitarbeitenden oder zumindest Vertretern angepackt werden. So wird bereits zu Beginn eine vertrauensvolle Basis geschaffen, den Mitarbeiter schätzen offene und direkte Kommunikation. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

Change Agents

Bleiben Sie als Geschäftsleitung nicht alleine. Suchen Sie nach Schlüsselpersonen in Ihrem Unternehmen und versuchen Sie diese für das gemeinsame Veränderungsprojekt zu gewinnen. Betrachten Sie dazu das gesamte Unternehmen, vom Empfang über alle Abteilungen bis hin zu den Stabsstellen. Besonders Mitarbeitende, die täglich mit verschiedenen Abteilungen arbeiten sind dafür ideal. Bilden Sie ein bereichsübergreifendes Team von «Change Agents» im Unternehmen. Das Change-Team ist Ihre Mannschaft, die den Puls fühlt und Sie bei der Umsetzung unterstützt. Übrigens das Wort Agent weckt bewusst Assoziationen zu einer Mission — Ihrem Wandel.