CIO Interview mit Andreas Sidler

Andreas Sidler ist seit 20 Jahren CIO und Leiter des Dienstes für Informatik und neue Technologie der Parlamentsdienste der Schweizer Bundesversammlung.  Aufgewachsen ist er in Luzern und hat sich via Berufslehre, Berufsmatura bis zum Hochschulabschluss an der ETH ausgebildet. Interview: Christian Schucan

CIO bedeutet …

„… auf meinen Job bezogen Middleware zwischen Geschäftsstrategie und Informatikbetrieb zu spielen. Es ist entscheidend auf beiden Ebenen zu operieren.“

Wie sind Sie in der Organisation positioniert? Was kann man daraus lernen?

„Als Chef der Informatik in der Linie auf Stufe eines Abteilungsleiters. Dadurch bin ich näher an der Basis. Diese Position verlangt einen sehr guten Draht in die Geschäftsleitung, um Entscheidungen zielgerichtet voranbringen zu können.“ 

Worin sehen Sie die Kernaufgaben in Ihrem Aufgabenfeld in den nächsten fünf Jahren?

„Im Zentrum steht natürlich das Budget im Griff zu haben, die richtigen Technologien auszuwählen und das Rightsourcing. Letzteres heisst zu entscheiden, was via Insourcing, was via Outsourcing und was als Kombination der beiden Welten realisiert werden soll.“

Informationsmanagement ist …

„Die richtige Information in der richtigen Qualität für den richtigen Adressaten bereitzustellen. Die Informatik muss alles unternehmen, dass das Informationsmanagement funktionieren kann.“

Gefahren lauern überall. Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen? Wie werden sich diese entwickeln?

„Die unglaublich schnelle Entwicklung ist die Hauptherausforderung. Der Rhythmus ist extrem zu hoch. Kaum ist eine Migrationen abgeschlossen, steht die nächste Version schon bereit. Manchmal braucht es den Mut eine Generation auszulassen. Eine weitere Herausforderung ist die Tatsache, dass jeder Kunde als IT-Experte auftritt. Die unterschiedlichen Erwartungen stellen ein nicht zu unterschätzendes Spannungsfeld dar.“

Die Menge an Information nimmt stets zu. Wie soll eine Organisation damit umgehen, damit man nicht in der Informationsflut untergeht?

„Im Zentrum steht das Filtern von Information und die Anpassung von Informationsflüssen: wo ist eine Pushstrategie und wo eine Pullstrategie sinnvoll anzuwenden. Bedürfnisse sind zu hinterfragen. In einem Betrieb müssen nicht alle alles wissen.“

Was können KMU von Grossorganisationen im Informationsmanagement lernen?

„Von Fehlern, die auch den Grossorganisationen unterlaufen. Es empfiehlt sich Projekte übersichtlich zu halten. Wichtig ist sich nicht von neuen Technologien blenden zu lassen. Die Organisation und Organisationsprobleme sind ins Zentrum der Überlegungen zu stellen.“

Was empfehlen Sie einem CIO, der neu in diese Funktion gelangt?

„Er oder sie muss sich schnell ein grosses Netzwerk aufbauen. Ein CIO lebt von seinem Netzwerk. Ein Grossteil der Problemlösungen sind schon einmal entwickelt worden.“

Welche Jugenderfahrung hat Sie am meisten im Hinblick auf die heutige Funktion geprägt?

„Jedes Mal, wenn man auf die Nase fällt und wieder aufsteht und schliesslich doch positive Resultate vorliegen. Man fährt dabei gut, wenn man ein Leisetreter ist. Die Anwendenden sind stets im Fokus zu behalten und dürfen in keinem Fall verloren gehen oder sich verloren fühlen, dann ist auch die Technologie einfach zu konsumieren.“

Wo sammeln Sie Kraft für Neues?

„Wenn ich mich mit etwas ganz anderem befasse, z.B. beim Krimi lesen oder bei einem Städteflug übers Weekend. Zum Glück habe ich eine Familie, welche die Begleitumstände, die mein Job mitbringt, akzeptiert.“